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Das vergessene 18. BNE Ziel: Rassiale Gleichheit

Beim BNE-Festival NRW 2024 war Iriba-Brunnen e.V. vertreten, um die Bedeutung der Dekolonialen Bildung hervorzuheben. Besonders thematisiert wurde, wie kognitive Verzerrungen dazu führen, dass rassistische Denkmuster in globalen Strukturen verankert bleiben und warum Rassismus in den Sustainable Development Goals (SDGs) keine zentrale Rolle spielt, obwohl er zwischen 70 und 80 % der Weltbevölkerung betrifft. Im Gegensatz dazu werden andere Formen der Diskriminierung, wie Geschlechterungleichheit und Behinderung, in den SDGs explizit behandelt.

Kognitive Verzerrungen und ihre Rolle im Rassismus:

Kognitive Verzerrungen, wie der Bias Blind Spot oder der Bestätigungsfehler, spielen eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung von Rassismus. Diese Verzerrungen, die unbewusst das Urteilsvermögen verzerren, führen dazu, dass gesellschaftliche Ungleichheiten oft übersehen oder ignoriert werden. Struktureller Rassismus, der tief in den Machtstrukturen verankert ist, wird dadurch unsichtbar gemacht, was es besonders schwierig macht, ihn zu erkennen und zu bekämpfen.

Beispiele solcher Verzerrungen sind:

  • Ingroup-Bias: Menschen bevorzugen Mitglieder ihrer eigenen Gruppe und benachteiligen Außengruppen.
  • Bestätigungsfehler: Informationen, die bestehende Überzeugungen bestätigen, werden bevorzugt, was zur Verfestigung von Stereotypen führt.
  • Outgroup-Homogenität: Mitglieder von Außengruppen werden als homogener wahrgenommen, was die Komplexität ihrer Identitäten reduziert.
  • Fundamentaler Attributionsfehler: Das Verhalten von Außengruppen wird auf ihre ethnische Zugehörigkeit zurückgeführt, während das Verhalten der eigenen Gruppe auf externe Umstände zurückgeführt wird.

Diese Verzerrungen erschweren insbesondere die Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus und verankern rassistische Denkmuster in der Gesellschaft.

Warum rassiale Gerechtigkeit in den SDGs fehlt:

Obwohl die SDGs viele soziale Themen wie Geschlechtergerechtigkeit und Armut behandeln, bleibt das Thema rassiale Gerechtigkeit unerwähnt. Dies ist besonders beunruhigend, wenn man bedenkt, dass Schätzungen zufolge zwischen 70 und 80 % der Weltbevölkerung von Rassismus betroffen sind. Im Vergleich dazu betreffen Sexismus etwa 50 % und Behinderung rund 15 % der Weltbevölkerung.

  • 9 SDGs beschäftigen sich direkt oder über ihre Unterziele mit Geschlechtergerechtigkeit. SDG 5 (Geschlechtergleichheit) behandelt das Thema umfassend, doch auch in SDG 4 (Hochwertige Bildung) und SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit) gibt es Unterziele, die sich mit der Gleichstellung der Geschlechter befassen.
  • 3 SDGs haben Unterziele, die die Rechte und Inklusion von Menschen mit Behinderungen unterstützen (SDG 4, SDG 8, SDG 11).
  • 0 SDGs widmen sich direkt der rassialen Gerechtigkeit, obwohl Rassismus ein globales Problem ist.

Kognitive Verzerrungen, die die SDGs beeinflussen:

  1. Bias Blind Spot: Entscheidungsträger können strukturelle Formen von Rassismus übersehen, während sie sich auf andere Ungleichheiten konzentrieren.
  2. Naiver Realismus: Es gibt die Tendenz, die eigene Perspektive als objektiv zu betrachten, was dazu führen kann, dass Rassismus als weniger dringend wahrgenommen wird.
  3. Bestätigungsfehler: Menschen neigen dazu, Informationen zu ignorieren, die Rassismus als strukturelles Problem aufzeigen, weil dies nicht in ihr vorgefertigtes Weltbild passt.
  4. Status-quo-Verzerrung: Menschen halten oft am Status quo fest und scheuen Veränderungen. Das bedeutet, dass etablierte Themen wie Geschlechtergerechtigkeit betont werden, während Rassismus, der tiefere gesellschaftliche Veränderungen erfordern würde, vernachlässigt wird.

Vergleich mit dem AGG:

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland bietet spezifische Schutzkategorien, einschließlich Schutz vor Diskriminierung aufgrund von „Rasse“ und ethnischer Herkunft. Im Vergleich dazu bleibt die SDG-Agenda in Bezug auf rassiale Gerechtigkeit vage. Zwar behandeln SDG 10 (Weniger Ungleichheiten) und SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) soziale Inklusion, doch fehlt der explizite Fokus auf die Bekämpfung von Rassismus.

Strukturelle Blindheit als Verzerrung:

Strukturelle Blindheit ist eine kognitive Verzerrung, bei der die zugrundeliegenden Machtverhältnisse und Ungerechtigkeiten, die Rassismus fördern, nicht wahrgenommen oder bewusst ignoriert werden. Entscheidungsträger, die die SDGs formuliert haben, könnten unbewusst rassistische Strukturen übersehen haben, da diese nicht in den allgemeinen globalen Diskurs über Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit eingebunden waren.

Fazit:

Die Integration von rassialer Gerechtigkeit als eigenständiges Ziel in die SDGs ist von entscheidender Bedeutung, um eine wirklich nachhaltige und gerechte Entwicklung zu fördern. Angesichts der Tatsache, dass bis zu 80 % der Weltbevölkerung von Rassismus betroffen sind, muss dieses Thema in den globalen Zielen direkt und ausdrücklich adressiert werden. Dekoloniale Bildung kann dazu beitragen, kognitive Verzerrungen aufzudecken, die unsere Wahrnehmung von Rassismus verstellen, und eine gerechtere Zukunft schaffen.


Verfasser: Ka Kem

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